Was ist aus den Laufstegen geworden? Warum Streetstyle derzeit so gehypt wird

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Was ist aus den Laufstegen geworden? Warum Streetstyle derzeit so gehypt wird

Wer sich während der wichtigen Fashion Weeks in den Modeblogs umschaut, merkt schnell: Der Streetstyle ist mindestens genauso wichtiges Trendbarometer wie das Geschehen auf den Laufstegen. Galt die Mode der Straße vor einigen Jahren noch als hippe Randerscheinung der Modefotografie, wird der Streetstyle mittlerweile gehypt wie noch nie.

Die Saison der Fashion Weeks ist vorbei. Bei den wichtigen Modenschauen der Welt gab es wieder jede Menge Trendvorgaben und Inspirationen für das kommende Jahr – das aber nicht nur auf den Laufstegen. In den letzten Jahren hat sich der Streetstyle als ultimativer Trendsetter in der Modewelt etabliert und wird auf den Modeblogs und auch den Fashion-Magazinen gehypt wie noch nie.

Das kommt nicht von ungefähr, denn viele Mode-Begeisterte orientieren sich mithilfe von Online-Blogs lieber am Streetstyle als am unnahbaren Laufsteg: Er ist das Prêt-à-porter des neuen Jahrtausends. Während die Mode der Catwalks kunstvolle, aber untragbare Kreationen vorführt, signalisiert der Stil von der Straße: Das könntest du sein. So zeichnen sich auf der Straße nicht nur die wichtigsten Trendrichtungen der Saison ab, sie bieten auch sofort Inspiration für die eigene Umsetzung. Wie style ich den Jumpsuit? Wie kombiniere ich Blumen-Prints? Wozu passen Mules? Die Streetstyle-Stars machen es vor.

So bietet der Streetstyle einen Weg zur Identifikation, der ansonsten in der High Fashion oft vermisst wird. Es geht vielmehr um Stil als um Mode; persönliche Vorlieben werden wichtiger als die Vorschriften des Laufstegs. Statt Models zeigen sich diverse mode-interessierte Menschen, die ohne Stylist im Hintergrund ihren individuellen Stil zelebrieren. Es ist Mode zum Anfassen, getragen von Menschen, mit denen man sich identifizieren kann. Nicht umsonst hat Donna Karan sich für ihre DKNY-Show bei der diesjährigen New York Fashion Week statt professionellen Models normale Menschen direkt von der Straße gecastet.

Der Streetstyle hat sich als wichtiges Trendbarometer etabliert. Längst lassen sich nicht nur die Modeblogs von den Laufstegen inspirieren – die Designer haben den Streetstyle ebenfalls im Blick. Schon der Kult-Designer Alexander McQueen sah ihn als neue Etappe in der Fashion-Welt: „Es ist eine neue Ära in der Mode – es gibt keine Regeln. Es geht nur um individuellen und persönlichen Stil, bei dem Luxus- und Billigmode, klassische Marken und aufstrebende Designer miteinander kombiniert werden können.“

Mit jedem Jahr wird das Streetstyle-Spektakel größer und professioneller. Wo anfangs noch vereinzelte Fotografen wie die Streetstyle-Pionier Scott Schuman von „thesartorialist.com“ ihre persönlichen Lieblinge ausspähten und ablichteten, scharen sich heute die Fotografen um Streetstyle-Ikonen wie die Bloggerin Hanneli Mustaparta oder die Stylistin Linda Tol. Und auch von den Labels, die den Einfluss längst erkannt haben, werden die bekanntesten Gesichter hofiert. Einige Brancheninsider befürchten, dass der Streetstyle angesichts dieser Entwicklungen seine Authentizität verliert. Seinem Einfluss auf die Modewelt wird dies allerdings keinen Abbruch tun.