Paul Smith von Maxïmo Park: „Ich führe ein Doppelleben“

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Paul Smith von Maxïmo Park: „Ich führe ein Doppelleben“

Gerade mal ein Jahr nach "The National Health" werfen Maxïmo Park die nächste Platte auf den Markt. "Too Much Information" heißt das Werk und wirft unweigerlich die Frage auf: Zu viel Information von was? Im Interview mit spot on news hat Leadsänger Paul Smith verraten, was das neue Album ausmacht und warum er nie über seine Verflossenen singt.

Mit ihrem insgesamt fünften Studioalbum legen Maxïmo Park Anfang 2014 den Grundstein für ein erfolgreiches Jahr in ihrer Musikgeschichte. Eine Tour und Auftritte bei Festivals wie „Rock am Ring“ werden ihre Fans bis in den Spätsommer auf Trab halten. Wie aber hat die Band, nach nur einem Jahr seit der Veröffentlichung des letzten Albums, so schnell neue Hits produziert? Der Nachrichtenagentur spot on news hat Sänger Paul Smith erklärt, welche Rolle sein Schlafzimmer bei „Too Much Information“ spielte.

erschien 2012. Wie stressig war es, innerhalb eines Jahres die nächste Platte zu produzieren?

Paul Smith: Es war sogar vermutlich die unstressigste Albenproduktion, die wir bisher hatten. Direkt als wir von der -Tour zurück kamen, hatten wir sehr schnell fünf Songs fertig. Es war gerade alles im Fluss, das wollten wir nutzen. Vor „The National Health“ hatten wir eine längere Pause und waren offensichtlich erholt genug, um zwei Alben in kurzer Zeit zu produzieren. Wir haben einige Gitarrenriffs in Duncans Haus aufgenommen oder den Gesang in meinem Schlafzimmer. Immer, wenn wir zwischendurch Zeit hatten, haben wir bereits am neuen Album gebastelt, obwohl wir mit dem anderen noch einige Live-Auftritte hatten. Wir haben Glück, dass die Technologie schon so weit entwickelt ist. So kann ich irgendwo meine Vocals aufnehmen, per Mail verschicken und es in New York abmischen lassen. Das ist großartig!

Sie singen in Ihrem Schlafzimmer?

Smith: Das hätte ich besser nicht sagen sollen, aber ja. Manchmal drehe ich die Musik laut, singe und tanze einfach so für mich selbst.

Da müssen Sie tolerante Nachbarn haben, oder?

Smith: Es ist lustig, ich treffe sie meistens auf der Straße und dann sagen sie zu mir „Hey, ich hab dich letztens wieder singen gehört und das klang echt gut“. Ich habe wirklich sehr verständnisvolle Nachbarn. Dabei lege ich nicht oft unsere eigene Musik ein. Aber kurz nachdem wir die Platte fertig haben, glauben wir natürlich, ein Meisterstück geschaffen zu haben. Bisher hat uns ja auch niemand etwas Gegenteiliges gesagt (lacht). Dann singe ich dazu und dann freue ich mich, wenn meine Nachbarn unsere Ansicht nochmal bestätigen.

Gibt es beim Entstehungsprozess der Songs keine Reibereien?

Smith: Klar, da kann es immer mal zu Spannungen kommen. Aber schon als wir unseren ersten Plattenvertrag unterschrieben haben, hatten wir die Absicht, dass wir sehr demokratisch sein wollten. Wenn einem etwas nicht gefällt, dann kann er durchaus sagen „Hey Paul, komm schon, diese Lyrics sind noch nicht gut genug“. Natürlich ärgert man sich darüber, das liegt in der Natur des Menschen, aber umgekehrt kann ich dann auch wieder sagen, wenn ich irgendwo eine bessere Idee habe. Dadurch, dass wir uns schon so lange kennen, wissen wir, was wir aneinander haben. Und dass diese Art der Zusammenarbeit die Richtige für uns ist.

Was ist denn das Beste an Ihrem neuen Album?

Smith: Das Beste ist, dass es mich so begeistert. Ich lege es ein, höre es und bin selbst ein Fan davon.

Warum rasiert sich auf dem Plattencover ein Mann die Zunge?

Smith: Wir arbeiten immer mit verschiedenen Künstlern am Artwork unserer Platten. Mein Bruder ist für das Layout verantwortlich, und das Cover hat ein Künstler aus Newcastle, Matt Stokes, gemacht. Er ist schuld daran, dass sich nun ein Mann die Zunge rasiert. Er hat auch die Videos zu „Brain Cells“ und „Leave This Island“ gedreht. Ich glaube, die Idee zu dem Cover hat er sich aus einem alten Flyer und unserer Musik zusammengesetzt.

Kurz zu Ihren Songs. Was glauben Sie bei welcher Aktivität Sie die meisten Ihrer Hirnzellen eingebüßt haben?

Smith: Wahrscheinlich bei dem ein oder anderen Drink. Gerade wenn man so viel getrunken hat, dass man einen Filmriss hat. Ich habe mittlerweile aufgehört, mich so sehr zu betrinken. Wenn es anfängt, zum Problem zu werden, dann ist es definitiv Zeit damit aufzuhören.

Gibt es in Ihrem Leben jemanden, der wie Audre ist, die Sie in einem Ihrer Titel beschreiben?

Smith: Als ich jünger war, habe ich mal in einer Bibliothek gearbeitet. Ich glaube ich war damals ziemlich nerdig – eigentlich bin ich das immer noch. Ich liebe es eben einfach, Bücher zu lesen und Musik zu hören, sie sind mein Eingang in die Welt anderer Menschen. Jedenfalls wollte ich den Film „A Litany For Survival“ sehen. Darum geht es um die Dichterin Audre Lorde. Sie ist eine sehr interessante Persönlichkeit. Sie war eine afrikanisch-amerikanische lesbische Feministin, mit Kindern aus einer früheren Beziehung zu einem Mann. Sie hatte alle Widersprüche in sich vereint. Auch sie arbeitete in einer Bibliothek.

Sie war Ihnen ähnlich.

Smith: Genau, aber das haben jetzt Sie gesagt. Ich führe wirklich irgendwie ein Doppelleben. Ich liebe es, auf der Bühne zu stehen, und will, dass das Publikum die Songs versteht und sich auf sie einlässt. Wenn ich meinen Hut und meinen Anzug anziehe, bin ich eine andere Version von mir selbst. Sonst liebe ich es einfach, für mich zu sein. Ein Raum, in dem ich nur von Büchern umgeben bin, oder die Situation, nachdem ich einen mitreißenden Film gesehen habe, inspirieren mich. Es ist oft eine Mischung aus Dingen, die ich gesehen habe, wie ich mich gerade fühle und Leuten, die ich mag; so wie es eben bei Audre der Fall ist. Ich selbst fühle ich mich am meisten mit den Songs verbunden, von denen ich denke, sie könnten von mir handeln. Als ich jünger war, konnte ich mich am Besten mit den Lyrics von „The Smiths“ identifizieren. Wenn es anderen mit unseren Songs auch so geht, freut mich das sehr. Und gern dürfen sie sich auch fragen „Wer ist Audre und wer ist Lydia?“

Wer ist Lydia?

Smith: Es gibt keine Lydia, aber es gibt eine Person von der der Song handelt. Manchmal will man den echten Namen dieser Person nicht nennen. Dass kann für beide peinlich sein. Ich habe das bisher nur einmal im Song „Parisian Skies“ gemacht. Der Songname „Lydia“ ist von einer Romanfigur namens „Lydia Davis“ inspiriert. Ich fand den Namen cool. Es ist ja auch ein alter Pop-Klassiker, einen Frauennamen im Song zu haben, und es macht diesen Song auch interessant.

Kam denn schon mal jemand auf Sie zu und war der Meinung, Sie hätten über diese Person geschrieben?

Smith: Da ist mir mal etwas Lustiges passiert. Eine Ex-Freundin von mir rief mich einmal an und sagte: „Die Songs handeln von mir“, aber das war nicht so. Ich habe ihr gesagt, dass es nicht so ist – sie war nicht sehr glücklich darüber.

Vielleicht hätten Sie besser gelogen.

Smith: Ha ha, ja, aber es ist auch nicht richtig, jemanden in dem Glauben zu lassen, der Song sei über ihn oder sie, wenn er es nicht ist. Es war auch das einzige Mal, dass mir das passiert ist.

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