MoTrip: „Sehr oft therapiere ich mich selbst“

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MoTrip: „Sehr oft therapiere ich mich selbst“

Drei lange Jahre mussten seine Fans warten: Am Freitag veröffentlicht Rapper MoTrip endlich sein zweites Studioalbum "Mama". Was seine Mutter früher von seinen Rap-Künsten hielt, verrät der sympathische Aachener im Interview.

Der Aachener Rapper MoTrip (27) hat viel zu sagen – umso verwunderlicher ist es, dass sich die nach dem Debütalbum „Embryo“ hochgelobte Hip-Hop-Hoffnung ganze drei Jahre für das zweite Studioalbum „Mama“ Zeit gelassen hat. Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news spricht MoTrip unter anderem über das Verhältnis zu seinen libanesischen Eltern, Umweltaktivismus und die deutsche Schulpolitik. In diesem Zusammenhang verrät der selbsternannte „Kanacke mit Grips“, welcher Philosoph ihn zu seinem Feature „Kaltes Wasser“ inspiriert hat.

Sind Ihre Eltern stolz auf das, was Sie erreicht haben?

MoTrip: Inzwischen schon. Früher hat mein Vater das, was ich mache, oft kritisiert, weil es für ihn damals so undurchsichtig war. Ich bin sehr oft im Studio gewesen und an den Wochenenden war ich immer unterwegs. Ich kann verstehen, dass ihm das am Anfang nicht gefallen hat und er das Rappen nicht als Beruf ansehen konnte. Erst als er gemerkt hat, dass ich gut davon leben kann und er bei dem einen oder anderen Auftritt dabei war, hat sich das zu Stolz gewandelt. Heutzutage stehen meine Eltern absolut hinter mir.

Ihr neues Album trägt den schlichten Titel „Mama“. Ließ Ihre Mutter Sie früher als der Vater Ihren eigenen Weg gehen?

MoTrip: Mein Vater ist einfach eine Respektsperson. Wenn er nach Hause kam, waren meine Geschwister und ich wie Soldaten. Im Gegensatz dazu konnten wir vor meiner Mutter rappen, laut sein und herumalbern. Während meine Mutter zuhause in der Küche stand und gekocht hat, sind wir um sie herumgesprungen und haben gerappt.

Hat Ihnen Ihre Mutter gerne beim Rappen zugehört?

MoTrip: Damals hat sie das noch nicht so ernst genommen. Aber inzwischen behauptet meine Mutter, dass sie zwischen mir und anderen Rappern einen Unterschied hören kann. Sie sagt, dass sie versteht, warum meine Musik funktioniert und warum Menschen die Sachen mögen, die ich produziere.

Was ist Ihnen beim Musik machen besonders wichtig?

MoTrip: Im ersten Moment geht es mir um gar nichts. Meistens merke ich erst am Ende, worauf ich eigentlich hinaus will. Wenn man aus den Texten Kritik heraushört, ist das einfach nur meine Meinung. Das ist nicht kalkuliert oder berechnend. Diese Dinge denke ich scheinbar wirklich. Aber sehr oft merke ich am Schluss, wenn ich meine Gedankengänge zu Papier gebracht habe, dass ich mich damit selbst therapiere – wie zum Beispiel mit dem Song „Malcom mittendrin“.

In „Kaltes Wasser“ kritisieren Sie zusammen mit Sido das deutsche Schulsystem. Was sollte Ihrer Meinung nach anders laufen?

MoTrip: Zu diesem Song hat mich der Philosoph Richard David Precht inspiriert. Mich stört, dass wir zu kaufsüchtigen Menschen geformt werden. In der Zeit, aus der unser Schulsystem stammt, wollte man gehorsame, gehörige Menschen erziehen. Deswegen ist auch alles so still und streng. Außerdem stört es mich, dass man alle Schüler über einen Kamm schert. Jeder einzelne hat eine andere Stärke und könnte sein Talent ausleben, wenn man es entdeckt und fördert. Schule sollte wie ein Garten sein, in dem man aufblühen kann und nicht wie ein Gewächshaus, in dem man gezüchtet wird.

Wussten Sie nach Ihrem Schulabschluss nicht, was Sie mit sich anfangen sollen?

MoTrip: Ich wusste zum Glück, dass ich Musik machen will. Aber nach der zehnten Klasse bin ich erstmal auf die höhere Handelsschule gegangen und habe mein Fachabitur gemacht – einfach weil alle anderen das auch gemacht haben. Vielleicht wäre es besser, nicht so maßlos viele Möglichkeiten zu haben, sodass man sich am Ende nicht mehr für eine Sache entscheiden kann.

In Ihrem Song „Wenn die Sonne tief steht“ regen Sie zu einem besseren Umgang mit unserer Mutter Erde an. Engagieren Sie sich außer musikalisch auch anderweitig für den Umweltschutz?

MoTrip: Ich spende hier und da mal, aber ansonsten engagiere ich mich im Moment nicht außergewöhnlich stark. Wenn mein Name einmal groß genug ist, möchte ich eine Stiftung ins Leben rufen, bei der die Gelder wirklich für gute Zwecke eingesetzt werden. Es geht mir dabei aber nicht nur um die Menschen, die gerade auf dem Planeten sind, sondern auch um meine Kinder und Kindeskinder. Wenn ich in Dokumentationen über Umweltverschmutzung diese Berge von Müll im Meer sehe, dann tut mir das Herz weh. Ich möchte, dass die Leute sehen, wie ich darüber denke und sich vielleicht davon inspirieren lassen.

Sie sind als Kleinkind mit Ihren Eltern wegen dem dortigen Bürgerkrieg aus dem Libanon ausgewandert. Können Sie sich in die Flüchtlinge hineinversetzen, die im Moment nach Deutschland strömen?

MoTrip: Klar fühlt man sich an sich selbst erinnert. Man sollte jedem Menschen die Möglichkeit geben, hier zu leben, denn das Land gehört uns Deutschen nicht – da zähle auch ich mich dazu. Es ist schön und gut, dass irgendjemand Grenzen gezogen hat, aber wenn ein anderer Mensch hier leben will, dann hat niemand das Recht, ihm das zu verbieten – vor allem dann nicht, wenn dieser Mensch arbeiten und sich in die Gesellschaft einbringen möchte. Man kann niemanden zwingen ganz deutsch zu werden, Bier zu lieben oder Wurst zu essen, aber Integration ist in jedem Fall möglich. Dafür ist meine Familie ein gutes Bespiel.