„Kiss The Cook“: Charmanter Food-Porn ohne Überraschungen

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„Kiss The Cook“: Charmanter Food-Porn ohne Überraschungen

Mit der Komödie "Kiss The Cook" hat Regisseur und Hauptdarsteller Jon Favreau eine filmische Ode an das Essen abgeliefert, die zwar gute Laune verbreitet, aber leider recht vorhersehbar ist.

Viele Stars, köstliches Essen und ein großes Versprechen: „Kiss The Cook“ ist die selbsternannte „Feel-Good-Komödie“ des Jahres. So sehr es der durchaus charmante Streifen aber forciert, aus dem Kino kommt der Zuschauer nicht nur gut gelaunt, sondern auch ein wenig enttäuscht. Denn der Film von und mit Jon Favreau ist trotz herrlich inszenierter Koch-Szenen so vorhersehbar wie ein Happy-Meal.

Küchenschlacht

Carl Casper (Jon Favreau) ist kein sonderlich komplizierter Mann. Kochen ist seine große Passion, mehr braucht er nicht in seinem Leben, um glücklich zu sein. Wäre da nicht der engstirnige Restaurant-Besitzer Riva (Dustin Hoffman), der ihn in seiner Kreativität massiv einschränkt. Als sich der ebenso renommierte wie gefürchtete Restaurant-Kritiker Ramsey Michel ankündigt, kommt es zum Streit: Carl will ein gewagtes Menü darbieten, wird aber dazu genötigt, seine Klassiker zu kochen – und bekommt dafür eine vernichtende Kritik, die sein Leben verändert.

Binnen weniger Tage hat sich Carl alles verbaut. Seinen Job als Küchenchef hat er hingeschmissen und ein öffentlicher Twitter-Streit mit dem verhassten Kritiker Michel hat seinen guten Ruf zerstört. Mit der Hilfe seiner Ex-Frau Inez (Sofia Vergara) beschließt er daher, einen Food-Truck auf Vordermann zu bringen und seine Kreationen auf diese Weise unter das Volk zu bringen. Was als beruflicher Neuanfang beginnt, entwickelt sich schnell auch als privater Glücksfall. Carl und sein entfremdeter Sohn Percy bauen dank der gemeinsamen Passion fürs Essen eine enge Beziehung auf und auch bei der Ex scheint es wieder zu knistern.

Große Töne

Wenn ein Film wie „Kiss The Cook“ groß mit dem Slogan „Feel-Good-Komödie des Jahres“ wirbt, birgt das zweierlei Gefahren. Da wäre zum einem die große Erwartungshaltung, die eine derartig vollmundige Ansage weckt – ist das Jahr doch noch nicht einmal zur Hälfte vorbei. Zum anderen nimmt sie einem aber auch jedwede Hoffnung auf eine filmische Überraschung: So sehr „Kiss The Cook“ das Prädikat „Feel-Good“ auch verdient, so lässt dieses nur ein mögliches Filmende zu – und das erahnen selbst seltene Kinogänger quasi in den ersten Minuten.

Just The Two Of Us

Aber eine vorhersehbare Story muss nicht zwangsläufig ein Ausschluss-Kriterium sein, solange die Schauspieler überzeugen. Speziell die Beziehung zwischen Vater und Kind ist es, die „Kiss The Cook“ großen Charme verleiht. Wie Carl seinem Sohnemann Percy nach und nach die Leidenschaft für Essen und den respektvollen Umgang damit beibringt, ist mit wenigen Ausnahmen glaubhaft und liebenswert.

Nur vereinzelt wird sich auch hier der Film seiner selbstauferlegten Bürde als Wohlfühlfilm zu bewusst. Ob bei Hunderten wartender (aber nicht murrender) Kunden wirklich noch freudig in der Küche getanzt und gespaßt wird? Solche Szenen verkommen zur Fröhlichkeit mit dem Holzhammer und fühlen sich schlichtweg nicht echt an. Im wahren Leben hätte spätestens nach fünf Minuten jemand die Worte „Hört auf rumzualbern und macht mir mein verdammtes Sandwich“ in Richtung Küche geplärrt, während die restlichen Wutbürger zustimmend mit den Köpfen nicken.

Klare Zielgruppe

Am obigen Beispiel wird deutlich, welches Publikum der Film bedienen will. Jeglicher Konflikt, egal, ob beruflich oder familiär, verläuft in „Kiss The Cook“ stark romantisiert ab. Aus jedem Streit erwächst letztendlich etwas Positives für die Beteiligten. Das ist nicht unbedingt realistisch, der Streifen hat aber auch gar nicht diesen Anspruch. „Kiss The Cook“ ist für Zuschauer, die genug vom düsteren und gerne auch zynischen Kino haben – und für die Internet-Spielereien wie Twitter und Co. ein Satz mit sieben Siegeln sind. Denn beinahe schon in einer Art „Internet For Dummies“ wird dem Zuschauer die Funktionsweise des Kurznachrichtendienstes nahegelegt. Jüngere und/oder hippere Zuschauer rollen da schnell mit den Augen.

Genialer Cast und ein heimlicher Star

Auf dem Papier wartet „Kiss The Cook“ mit einem unglaublichen Cast auf. Etwa Dustin Hoffman, Scarlett Johansson und Robert Downey Jr. Allerdings dürfen sich Fans von diesen Namen nicht blenden lassen. Jeder der drei legt im Grunde nur einen kurzen Gastauftritt hin, auch Sofia Vergaras Rolle ist eher klein. Doch auch die vermeintlichen Hauptfiguren Carl und Sohn Percy müssen sich im Grunde einem ganz besonderen Darsteller unterordnen: dem Essen.

Hier entfaltet „Kiss The Cook“ seine beste Seite. Wem bei den zahlreichen Koch-Szenen nicht der Mund wässrig wird, hat noch nie ein Restaurant von innen gesehen. Mit langen Kamera-Einstellungen wird die kulinarische Essens-Zubereitung geradezu zelebriert. „Kiss The Cook“ erinnert hier vor allem an die deutsch-österreichische Co-Produktion „Basta – Rotwein oder Totsein“, in der ebenfalls minutiös dem Koch über die Schulter geschaut wird. Aber auch „Sideways“ mit Paul Giamatti kommt in den Sinn, bei dem die Wein-Verköstigung in Mittelpunkt steht.

Fazit

Wie bei kaum einem anderen Film bietet sich bei „Kiss The Cook“ der Vergleich mit einem Restaurant-Besuch an. Will man ein überraschendes Essen, bei dem die Möglichkeit besteht, dass es einen von den Socken haut, oder aber ganz und gar nicht schmeckt? Dann ist der vorhersehbare „Kiss The Cook“ die denkbar schlechteste Wahl. Oder soll es solide Hausmannskost sein, die sich nicht wirklich etwas Neues traut und schon hundert Mal gegessen wurde, bei der man dafür aber weiß, dass sie einem bekommt? Für Fans dieser Machart ist „Kiss The Cook“ tatsächlich der „Feel-Good-Film des Jahres.“