„Godzilla“: Viele Monster, wenig Action

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„Godzilla“: Viele Monster, wenig Action

Wenn Bryan Cranston, Elizabeth Olsen und drei hochhausgroße Ungeheuer in einem Film aufeinandertreffen, scheint der Blockbuster-Erfolg reine Formsache. Regisseur Gareth Edwards hat mit seiner Interpretation des Kult-Monsters aber etwas anderes im Sinn, als bloßes Action-Feuerwerk - und das begeistert leider nur stellenweise.

Es war das Jahr 1954, als das inzwischen berühmt-berüchtigte Kino-Ungeheuer Godzilla seinen Weg in die japanische Pop-Kultur fand. Dabei handelte es sich aber nicht nur um die Schöpfung eines hochhausgroßen Monsters, das die Welt in Angst und Schrecken versetzt. Godzilla war die cineastische Allegorie auf eine der wohl schrecklichsten Erfindungen, die je das Licht der Welt erblickt hat: Die Atombombe. Die Bombardierung von Nagasaki und Hiroshima, in Verbindung mit den anhaltenden Nukleartests im Pazifik, formten das Trauma einer ganzen Nation.

Regisseur Gareth Edwards (34, „Monsters“) greift genau diese Ära der Zeitgeschichte zu Beginn seiner Neu-Interpretation zum 60. Jubiläum der wohlbekannten Riesenechse geschickt auf und benutzt die wahren Begebenheiten, um sie in seiner Fiktion zu verweben. Die Atomtests nahe dem Bikini-Atoll waren nur Tests? In seiner Version der Historie waren eben diese Bombenabwürfe, die man nur für die öffentliche Wahrnehmung als „Tests“ maskierte, der verzweifelte Versuch, dem aufgetauchten Monstrum Herr zu werden. Die so geschlagene Hommage an den Klassiker aus Japan lässt gleich zu Beginn des Streifens die Herzen der Nostalgiker höher schlagen.

Überhaupt erweist sich vor allem der Anfang von „Godzilla“ als durchweg gelungen, was in erster Linie an „Breaking Bad“-Star Bryan Cranston liegt. Es ist das Jahr 1999, als Joe Brody (Cranston) Opfer einer schrecklichen Tragödie wird. Als das Kernkraftwerk in der Großstadt Janjira, in dem er arbeitet, von einem vermeintlichen Erdbeben zerstört wird und eine Kernschmelze droht, kann der Atomtechniker Brody nur auf Kosten eines persönlichen Schicksalsschlages die atomare Katastrophe verhindern. 15 Jahre später will Brody aber immer noch nicht an einen Unfall glauben und spinnt verrückt erscheinende Verschwörungstheorien. Von seinem Sohn Ford (Aaron Taylor-Johnson, 23, „Kick-Ass“), der das Unglück als Kind hautnah miterleben musste, hat sich der verschrobene Techniker längst entfremdet. Erst als Brody bei seiner Suche nach der Wahrheit von japanischen Militärs gefangen genommen wird, kontaktiert er seinen bei der US-Army angestellten Nachwuchs.

Als Brody seinen Sohn davon überzeugen kann, an den Ort der einstigen Katastrophe zurückzukehren, werden sie Zeugen eines unglaublichen Vorfalls: In einer Forschungsstation gerät ein Experiment des Wissenschaftlers Ichiro Serizawa (Ken Watanabe, 54, „Inception“) außer Kontrolle, ein Flugsaurier-ähnliches, gigantisches Monstrum bahnt sich seinen Weg an die Oberfläche. Dem auf den Namen Muto getauften Ungeheuer sind die wie Spielzeuge anmutenden Waffen der Soldaten hoffnungslos unterlegen, nichts scheint das gefräßige Urtier aufhalten zu können. Serizawa setzt seine Hoffnungen daraufhin auf einen ungewöhnlichen Retter, welchen er als den natürlichen Feind der entflohenen Kreatur wähnt: Godzilla.

Kaum ein Trailer versprach derart bombastische Unterhaltung, wie die Vorschau zu Edwards Remake des Monster-Klassikers. Tatsächlich aber nimmt das geschuppte Ungetüm einen für viele Zuschauer enttäuschend geringen Teil der Laufzeit des Streifens ein. Nach dem toll inszenierten Kraftwerk-Unglück gleich zu Beginn des Filmes, das selbstverständlich starke Parallelen mit der Katastrophe in Fukushima aufweist, gönnt sich der Film eine ziemlich lange Verschnaufpause. Die funktioniert aber nur, solange Cranston Zentrum der Narration ist. Sobald aber Sohnemann Ford nach gut einem Drittel zur Hauptfigur wird, beginnt der Kino-Zuschauer langsam mit den Füßen zu scharren und hofft endlich auf das große Action-Feuerwerk. Doch Regisseur Edwards spielt aufreizend lange mit den Erwartungen der Zuschauer. Wenn ein großer Kampf zwischen Godzilla und Muto anzustehen scheint, gönnt er dem Publikum stets nur einen kurzen Blick auf das Geschehen. Es ist die Hinarbeit auf ein ganz großes Filmfinale – hofft man zumindest, während man in seinem Kino-Sessel hockt.

Leider werden diese Erwartungen nur bedingt erfüllt. Zwar hat es die Riesenechse beim Endkampf des Streifens gleich mit zweien der Monster zu tun, so wirklich will einem der Kiefer aber nicht herunterklappen. Vielleicht hat der schon lächerlich bombastische Film „Pacific Rim“ etwas zu hohe Erwartungen an „Godzilla“ geschürt, die der Film gar nicht erfüllen kann – und will. Ein Manko ist das Design der feindlichen Urzeit-Monstren. Während Godzilla ein charmant nostalgischer Look verliehen wurde, der im Gegensatz zu Emmerichs Klamauk-Remake stark dem Aussehen des japanischen Vorbilds Tribut zollt, kommen Muto und sein weibliches Pendant erschreckend fade daher. So verpufft die erstklassige Animation der computergenerierten Fabelwesen ebenso schnell, wie die Begeisterung der Zuschauer.

Hinsichtlich der schauspielerischen Leistung kann für alle Beteiligten die alte Schulweisheit aufgegriffen werden: Sie waren stets bemüht. Leider sind die Rollen von Cranston, Watanabe, Taylor-Smith, und Elizabeth Olsen (25, „Oldboy“) recht eindimensional ausgefallen. Watanabe und Olsen haben stets die undankbare Aufgabe, in einer Mischung aus Unglaube und Besorgnis in die Kamera zu blicken, während Taylor-Smith einen generischen – und unzerstörbaren – Helden mimt. Das alles wäre kein Problem gewesen, hätte Edwards mit der häufigen Abwesenheit der Ungeheuer nicht gezielt versucht, das Augenmerk auf die menschlichen Protagonisten zu legen. Dies gelang ihm bei seinem Independent-Werk „Monsters“ noch ungleich besser.

Was bleibt ist ein rund zweistündiger Film, der gerade durch seinen Trailer, aber auch durch seine hochklassige Besetzung, weitaus mehr Action verspricht, als er dem Zuschauer zu bieten im Stande ist. Der mittlere Teil kommt zudem recht langatmig daher, was wohl zu verschmerzen gewesen wäre, hätte man den Figuren mehr Tiefgang spendiert. So sind einem die Charaktere recht schnell egal, während man auf die große Monster-Schlacht wartet. Und wenn sie dann endlich kommt und gleich drei gigantische Wesen eine Großstadt in Schutt und Asche legen, während sie sich mit ihren riesigen Pranken bekämpfen, ist man erschreckend unbeeindruckt. Dann lieber ein Double-Feature mit „Pacific Rim“ und „Cloverfield“.