Fatih Akin setzt auf Emotionen statt auf Gewaltszenen

Magazin

Fatih Akin setzt auf Emotionen statt auf Gewaltszenen

Regisseur Fatih Akin ist kein Freund überzeichneter Gewaltdarstellung - schon gar nicht, wenn es um ein sensibles Thema wie den Genozid an den Armeniern geht.

Nach der Meinung des deutsch-türkischen Filmemachers Fatih Akin (41, „Soul Kitchen“) liefern sich Filmemacher einen „Wettbewerb“ um die brutalsten Gewaltszenen. Er wolle diesen nicht mitmachen – auch aus künstlerischen Gründen. „Nehmen Sie ‚Drive‘ mit Ryan Gosling. Da hast du Milchbubis in schicken Jacken, die einander so lange auf den Kopf treten, bis das Gehirn herausquillt“, sagt Akin der „Welt am Sonntag.“ „Das ist eine Form von Gewalt, aber man kann sich von ihr distanzieren, weil es sozusagen nur ein Film ist.“

Für seinen neuen Film „The Cut“, der den türkischen Völkermord an den Armeniern thematisiert, griff er zu subtileren, aber auch intensiveren Mitteln: „In ‚The Cut‘ gibt es eine Todeslagersequenz, in der man Babys vor Hunger schreien hört. Mir zerreißt das das Herz mehr als der Splatter in ‚Drive‘.“ Akin habe mit seiner Darstellung des Genozids weder neuen Hass schüren, noch das Geschehene verharmlosen wollen.

Die Gradwanderung scheint ihm geglückt zu sein: Er habe bisher von keinem Armenier „den Vorwurf gehört, wir seien zu lasch vorgegangen.“ Auf der anderen Seite hätten sich sogar seine konservativen Eltern schnell mit dem armenischen Protagonisten identifiziert. Eine beachtliche Leistung, schließlich war der Völkermord in der türkischen Gesellschaft fast ein Jahrhundert lang ein absolutes Tabuthema.