Dem Bären auf der Spur: Die Geschichte der Berlinale

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Dem Bären auf der Spur: Die Geschichte der Berlinale

Am 5. Februar rollt Berlin wieder den roten Teppich aus. Bei den 65. Internationalen Filmfestspielen treffen sich Stars, Sternchen und renommierte Film-Künstler in der deutschen Landeshauptstadt. Bis sich die Berlinale etablieren konnte, war es aber ein weiter Weg.

Eines der weltweit bedeutendsten Ereignisse der Filmbranche auf deutschem Boden geht auf die Idee eines Amerikaners zurück. Oscar Martay war nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs „Film Officer“ der amerikanischen Militärregierung in Deutschland – er beaufsichtigte und genehmigte Filmvorhaben deutscher Produzenten. Wenige Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wollte er der einst blühenden deutschen Filmlandschaft und der Kulturhauptstadt Berlin wieder zu ihrem Recht verhelfen.

Martay sorgte unter anderem dafür, dass in den ersten Nachkriegsjahren ausländische Filme in den Kinos gezeigt werden konnten. Und zwar zu Preisen, die auch für die gebeutelten Anwohner finanzierbar waren. Ab 1950 widmete er sich schließlich der Gründung der Internationalen Filmfestspiele in Berlin.

Elf Jahre alter Hitchcock-Film zum Start

Am 6. Juni 1951 eröffnet Alfred Hitchcocks „Rebecca“ – der schon elf Jahre zuvor in den USA zu sehen war – im Titania-Palast die Berlinale, die damals unter dem Motto „Schaufenster der freien Welt“ stand. Der Star des Films, Joan Fontaine, war auch der gefeierte Gast des Festivals. Hollywoods Strahlkraft färbte auch in den Folgejahren ab. Dank der Unterstützung prominenter Namen wie Gary Cooper und Gina Lollobrigida etablierten sich die Filmfestspiele schnell international. Und was an Glanz gegenüber den Konkurrenz-Festivals in Cannes und Venedig noch fehlte, versuchte man durch hemdsärmeligen und betont volksnahen Umgang mit den Stars wettzumachen.

Das änderte sich jedoch, als die Berlinale 1956 vom internationalen Filmproduzentenverband FIAPF den Status eines „A-Festivals“ zugesprochen bekam. Damit durfte zwar erstmals eine internationale Fach-Jury eingesetzt werden – zuvor hatte das Publikum über die Preise entschieden. Allerdings verschärfte sich auch das Protokoll, es kamen mehr Fachbesucher und Journalisten, aber weniger normalsterbliche Besucher. Vor den Festspielorten waren jetzt Absperrungen angebracht und den Stars winkte man nun aus der Distanz, Schulterklopfen war nicht mehr drin.

Der große Krach

Nach Jahren der Euphorie und der zunehmenden Professionalisierung setzten bereits Ende der 60er-Jahre erste Ermüdungserscheinungen ein. Es war die Ruhe vor dem Sturm, der im Jahr 1970 losbrach, als der deutsche Regisseur Michael Verhoeven seinen Film „o.k.“ vorstellte. Der Film thematisierte in schmerzhaften Bildern die Vergewaltigung und Ermordung eines vietnamesischen Mädchens durch eine Gruppe amerikanischer Soldaten während des Vietnam-Krieges. Der amerikanische Vorsitzende der internationalen Jury der Berlinale fand den Stoff und die Umsetzung so skandalös und vorsätzlich anti-amerikanisch, dass innerhalb der Jury und der Festival-Leitung ein heftiger Streit ausbrach, der schließlich dazu führte, dass die gesamte Jury zurücktrat und kein Preis vergeben wurde. Der Wettbewerb war damit beendet, das Festival in der öffentlichen Wahrnehmung abgebrochen und die Zukunft ungewiss.

Neufindung statt Zusammenbruch

Im Folgejahr schaffte man es dank vieler Gespräche auch die Kritiker wieder einzufangen und das Programm für neue, experimentelle Filme zu öffnen. 1971 nahm das „Internationale Forum des jungen Films“ seine Arbeit auf. Zudem wurden auch Filme aus bislang weniger stark vertretenen Ländern wie Asien und Lateinamerika berücksichtigt.

Um sich deutlicher von Cannes abzugrenzen und nicht als die Resterampe des französischen Filmfestivals verstanden zu werden, wurde der Termin von Juni in den Februar vorverlegt. Damit drehte man den Spieß einfach um und konnte Cannes – zumindest, was die relevanten Titel – angeht abhängen. Die 40. Festspiele waren 1990 erstmals ein Festival für ganz Berlin. Das Forum zeigte eine Werkschau von „Regalfilmen“ aus der DDR, verbotene Werken der zurückliegenden 25 Jahre. Auch im Ostteil der Stadt wurden Filme des Festivals gezeigt. Im Jahr 2000, pünktlich zum 50. Jubiläum, gaben die Filmfestspiele dann auch orthografisch ihre Premiere in der Mitte der Stadt: Das Theater am Potsdamer Platz wurde zur neuen Heimat.

Und heute?

Etwa 20 Filme stehen jedes Jahr im Wettbewerb. Die Nominierung der Filme sowie die Auswahl der Jurymitglieder ist Aufgabe der Festivaldirektion. Neben dem Jury-Präsidenten, US-Regisseur Darren Aronofsky (45 „Noah“) dürfen die Schauspieler Daniel Brühl (36) und Audrey Tautou (38, „Die fabelhafte Welt der Amélie“) in diesem Jahr über die Vergabe der Preise entscheiden. Weitere Jury-Mitglieder sind der südkoreanische Regisseur Bong Joon-ho, die US-Produzentin Martha De Laurentiis, die peruanische Regisseurin Claudia Llosa und der US-amerikanische Produzent und „Mad Men“-Schöpfer Matthew Weiner. Der Wettbewerb wird immer reichhaltiger und glamouröser mit den neuesten Produktionen aus aller Welt geschmückt. Zahlreiche Regisseure und Schauspieler kommen nach Berlin, um ihre Werke zu präsentieren, und die Stars tummelten sich auf dem roten Teppich.