Dan Gillespie Sells: „Liebeskummer ist eine universelle Sprache“

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Dan Gillespie Sells: „Liebeskummer ist eine universelle Sprache“

The Feeling ist zurück! Mit neuer Plattenfirma und neuem Album, aber altbekanntem Elan demonstrieren die fünf Musiker aus England, wie wichtig künstlerische Freiheit für eine Band ist. Warum es die erst bei einem neuen Label gab, verrät Sänger Dan Gillespie Sells spot in news.

Bereits mit dem Song „Sewn“ von ihrem Debüt-Album „Twelve Stops and Home“ konnte die britische Band „The Feeling“ einen internationalen Hit landen. 2006 mauserten sich die fünf Mannen so zur meistgespieltesten Band im englischen Radio. Ab heute steht nun offiziell das vierte Studioalbum mit dem Titel „Boy Cried Wolf“ auch in Deutschland in den Läden. Warum der Wechsel der Plattenfirma dafür ein wichtiger Schritt war, wie man es als Musiker vermeidet, der Routine zu verfallen und wie es ist, in einem ehemaligen Pub zu wohnen, erzählt The Feeling-Sänger Dan Gillespie Sells der Nachrichtenagentur spot on news.

„Boy Cried Wolf“ lautet der Titel eurer neuen Platte. Was können die Fans von dem Album erwarten?

Dan Gillespie Sells: Es ist in Hinsicht auf seine Emotionalität wohl das ehrlichste Album seit unserem Debüt. Es klingt nach einer Band, die wieder Spaß daran hat, Musik zu machen. Es ist das Album, das wir in dieser Form schon lange machen wollten. Umso natürlicher konnte es daher entstehen.

Wir alle wissen, was am Ende der Geschichte mit dem Jungen passiert, der immer „Wolf“ schreit. Hat das Album eine ähnliche Aussage?

Sells: Mich hat die Thematik unheimlich interessiert. Wir leben in einer Welt, in der die Menschen ununterbrochen tweeten und Geschichten unter die Leute bringt – oder zumindest ihre Version einer Geschichte. Wir dagegen wollten uns ganz bewusst von einer klaren Aussage entfernen. Das Album repräsentiert daher eher, wo wir uns als Band gerade befinden und wo ich war, als ich die Songs schrieb. Meine lange Beziehung war damals gerade in die Brüche gegangen und ich hatte das Bedürfnis, meine Gefühle in dieser schweren Zeit auszudrücken.

Stimmt es, dass „You’ll See“ der Song war, der das neue Projekt ins Rollen gebracht hat?

Sells: Das stimmt, es ist zudem ein äußerst persönliches Lied und hat eine bittersüße Note. „You’ll See“ deutete bereits an, wie der Rest des Albums klingen würde. Wir haben den Song aber nicht mit dem Hintergedanken aufgenommen, dass daraus gleich ein ganzes Album entstehen soll. Bei den Studioaufnahmen für die beiden Vorgängerplatten standen wir unter enormem Druck. Den wollten wir für das neue Projekt unbedingt vermeiden.

Es ist das erste Album bei eurem neuen Label BMG. Hat das eure Arbeitsweise verändert?

Sells: Sogar gewaltig. Es war grundlegend für unsere neue Richtung, nicht mehr mit Island Records, sondern einem kleineren Independent-Label zusammenzuarbeiten. Wir hatten tatsächlich überhaupt keinen Plattenvertrag, als wir begannen, das Album aufzunehmen. Wir haben uns einfach zusammen weggesperrt und wieder angefangen, Musik aus den richtigen Gründen zu machen. BMG hat sich dann bereit erklärt, die Ergebnisse zu veröffentlichen. Sie haben sich dabei aber in keiner Weise in den kreativen Prozess eingemischt. Das war uns sehr wichtig.

Ist es eigentlich schwieriger, mit einem neuen Projekt zu starten, oder es fertig zu stellen?

Sells: Das Fertigstellen, auf jeden Fall (lacht). Anfangen ist nie das Problem, aber es zu Ende zu bringen. Ich muss aber sagen, dass es eigentlich keinen Zeitpunkt bei diesem Album gab, an dem es problematisch wurde. Wir wussten genau, welche Tracks darauf kommen sollen und niemand versuchte, sich bei dieser Entscheidung einzumischen. Das hat alles wesentlich einfacher gemacht. Zu Beginn unserer Karriere, als viele Menschen versuchten mitzumischen und unzählige Meinungen im Raum schwebten, war es für uns unheimlich schwer zu wissen, was wir eigentlich selbst am liebsten hätten.

Eure Songs sind sehr emotional. Entstehen sie immer aus eigenen Erlebnissen?

Sells: Es muss meiner Meinung nach auf jeden Fall immer eine gewisse Authentizität spürbar sein. Ich glaube, bei mir ist es eine Mischung aus zwei Elementen: Ich entwickle eine Geschichte in meinem Kopf, die sich dann mit meinen Gefühlen einer ähnlichen Situation verknüpft. Es reicht, wenn man weiß wie es ist, wenn einem das Herz gebrochen wird. Liebeskummer ist eine universelle Sprache, die jeder auf der Welt verstehen kann.

Ist es denn der Grund eures Erfolges, dass eure Texte authentisch sind?

Sells: Das scheinen sie tatsächlich zu sein, denn immer wieder fragen mich Menschen: ‚Geht es dir gut?‘ (lacht). Man scheint sich echte Sorgen um mich zu machen, was wirklich sehr liebenswert ist. Die Offenheit was meine Gefühle angeht hilft mir, eine Verbindung zu unseren Fans herzustellen. Es ist so, dass die erfolgreichsten Lieder die ich geschrieben habe, gleichzeitig stets meine ehrlichsten und offensten Texte hatten.

Haben Sie einen grundlegenden Tipp für Newcomer?

Sells: Nicht zu viel nachdenken. Ein Fehler beim Songwriting ist, sich das Gehirn zu sehr zu zermartern, weil dann alles schnell droht, gekünstelt zu wirkt. Zunächst sollte man einfach nur das aufs Papier bringen, was man gerade empfindet. Wenn dieser Schritt getan ist, kann man methodischer werden und das Ganze zu einem Pop-Song verarbeiten.

Was tun Sie, um Abstand vom Alltag und der täglichen Routine als Musiker zu bekommen?

Sells: Ich vermeide in meiner Freizeit so gut es geht, Musik zu hören. Man betritt einen Laden und darin wird Musik gespielt, das gleiche gilt für Cafés oder Fitness-Studios. Überall wird man beschallt und das selten mit Songs, die man auch wirklich hören will. Ich versuche das alles auszublenden, setze mir Kopfhörer auf, die mich komplett von der Außenwelt abschirmen, und höre stattdessen Wissenschafts-Podcasts oder Audio-Bücher. Das kann zuweilen auch sehr inspirierend für Textideen sein (lacht).

Eure letzte Deutschland-Tour ist schon über fünf Jahre her. Wann kommt ihr mal wieder zu Besuch?

Sells: Das stimmt leider. Wir wünschen uns sehr, auch bald wieder in Deutschland auf Tour gehen zu können, denn es ist wirklich viel zu lange her. Ich denke, der Grund für die lange Pause ist, dass Universal Records nicht sonderlich interessiert daran war, unsere Band bei euch zu promoten. Wir hatten große Erfolge in Großbritannien und auch erste Erfolge in Europa, aber die Zahlen dort waren der Plattenfirma wohl schlichtweg nicht gut genug, um uns dort touren zu lassen. Aber wir werden auf jeden Fall für einige Shows zurückkommen.

Stimmt es eigentlich, dass Sie in einem ehemaligen Pub wohnen?

Sells: Richtig (lacht). Dort haben wir auch das Album aufgenommen. In einer früheren Kneipe einzuspielen war zum großen Teil der Grund für die Freude, die wir während der Arbeit hatten. Unser allererstes Album entstand in einem kleinen Schuppen und für die neue Platte konnten wir so eine ähnliche Atmosphäre erzeugen.